Wer hat die Jahreszählung geändert - und warum?






Kaiserin Theodosia
(Theodora)

Mosaik in der Kirche S. Vitale in Ravenna.

Theodosia

Theodora I. († 548 AD)
Sie wurde als außerordentlich willensstarke und völlig skrupellose Herrscherin an der Seite des oströmischen Kaisers Justinian beschrieben, mit dem sie seit 525 verheiratet war.
Prokop von Cäsarea stellt beiden in seiner Geheimgeschichte ein vernichtendes Zeugnis aus.

Der von ihr protegierte Patriarch Antemius wurde vom Papst abgesetzt.

Theodora II. († 867 CE)
Sie herrschte für ihren Sohn.
Für 821 CE ist die Hochzeit der Kaiserin Theodora II. mit Theophilos überliefert, nach anderen Quellen für 830 (SE?). Im Gegensatz zu ihrem Ehemann war sie für die Verehrung von Bildern. Nach seinem Tod sei jener ihr im Traum erschienen und habe seinen Irrtum bekannt.

Ihr Schwager, der Patriarch Photios wurde vom Papst exkommuniziert.


Justinian I. († 565 AD)
war Nachfolger des 9 Jahre regierenden, kaum Griechisch sprechenden Justin I.
Er ließ 529 die Sammlung der altrömischen Gesetze veröffentlichen und diese 534 u.a. um Christliches ergänzen.
Seine Feldherrn Narses und Belisar kämpften 530 in Persien, später in Italien.
Er beendete die Wahl von Konsuln.
Auf Dokumenten war nun die Indiktion anzugeben.
38 Jahre währte die Herrschaft Justinians.

Theophilos († 842 CE)
war Nachfolger seines 9 Jahre regierenden, stotternden Vaters Michael II.
Er war bekannt für seinen Sinn für streng unparteiische Gerechtigkeit. Er verstärkte die Mauern von Konstantinopel.
Seine Feldherrn Nasr, genannt Theophobos und Alex Musele kämpften 834 in Persien, später in Italien.
38 Jahre währte insgesamt die Herrschaft Theophils und seines unfähigen Sohnes  Michael III. (†867).

Justinian


Kaiser Justinian - oder Theophilos?


Das Chronikon Paschale beschreibt das Aussehen Justinians und erwähnt dabei auch seine Stirnglatze. Davon ist auf dem um 547 n. Chr. entstandenen Mosaik in der Kirche S. Vitale in Ravenna nichts zu sehen - ganz im Gegensatz zum Abbild direkt daneben, welches den Bischof Maximian mit einer solchen zeigt.

(NB: Von Kaisern, die zwischen 565 und 865 regierten, existieren keine Mosaiken.)


Wenn die Sieben Schläfer von Ephesos um das Jahr 860 CE entdeckt wurden, dann geschah dies zur überlieferten Regierungszeit der Kaiserin Theodosia. Diese hatte seit etwa 843 Christen verfolgen lassen, welche der Gemeinschaft der Paulikaner angehörten und die das Kreuz als Symbol des Christentums ablehnten, da es nach ihrer Auffassung ein heidnisches Folter- und Mordwerkzeug darstellte. Ohne Kreuz keine Auferstehung.
Die Überlieferungen berichten von Massenhinrichtungen mit mehr als 100.000 Opfern.

Die traumatisierten Jünglinge von Ephesos wären der Kaiserin also überaus gelegen gekommen und hätten ihr ein unwiderlegliches Exempel für die leibliche Auferstehung geliefert. Es reichte aus, deren Schicksal für bare Münze zu nehmen. Schon wurde die gewohnte Jahreszählung der Griechen zu christlichen Inkarnationsjahren.
 
Winzige Rasuren an der weiterhin maßgeblichen Definition des Dionysius Exiguus verschoben das Geburtsjahr Jesu um 297 Jahre in die Vergangenheit. Damit wurden zugleich alle mit der Staatskirche konkurrierenden Lehren zu gegen jene gerichtete Häresien.

Widerspruch aus Rom war nicht zu erwarten: Um etwa 870 CE wurde die Konstantinische Schenkung bekannt gemacht, der zufolge Kaiser Konstantin aus Dankbarkeit dem Papst Silvester I. und seinen sämtlichen Nachfolgern bis ans Ende der Zeit, eine auf geistliche Belange gerichtete, aber auch politisch wirksame Oberherrschaft über Rom, Italien und die gesamte Westhälfte des Römischen Reichs mittels Schenkung übertragen hätte.
In Hunderten von Abschriften in vielen Sprachen hatte man die sensationelle Kunde verbreitet. Sie klang unglaublich – und eben deshalb wurde sie rasch weitergegeben. Aber zugleich entstand in den Köpfen der Leser die Vorstellung von einem römischen Kaiser Konstantin und seinem Papst, die jede Verwechslung mit einem anscheinend 304 Jahre späteren Herrscher Herakleios in Byzanz ausschloss.

Zunächst dürften diese Maßnahmen ausgereicht haben...

...Aber wer könnte noch weitere unstimmige Chroniken verfälscht haben?
  Mehr dazu...

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Quellen:
Alden A, Mosshammer, 2008, The Easter Computus and the Origins of the Christian Era
http://ixoyc.net/data/fathers/524.pdf
Konstantinische Schenkung:
www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/14Jh/GoldeneBulle/Kaisertum.htm#Constitutum_Constantini


HEK 01/2015