Chronologie und Naturwissenschaft – Wie weit trägt die Phantomzeit-These?

von Hans-E Korth
erschienen in Zeitensprünge 3/07, 744-766



»Certainly, from a geophysical or astrophysical viewpoint, the     
14C spectrum is a most interesting geophysical global parameter.
It may take many years before it is fully understood«                 
[Sonett & Finney, 1990]


Abstrakt: 'Knapp drei Jahrhunderte fiktiver Geschichtsschreibung wurden am Beginn unseres 10. Jahrhunderts in die Historie eingefügt'. Reicht diese Hypothese hin, um alle Beobachtungen zu erklären oder finden sich Hinweise auf komplexere Zusammenhänge? In der Tat: Die Auswertung verschiedener Messgrößen zeigt zum Teil auch Übereinstimmung mit der konventionellen Chronologie. Alle Beobachtungen lassen sich jedoch zu einem schlüssigen Bild zusammenfügen, das erstmals auch die genaue Altersbestimmung der Eruption von Thera ermöglicht!


Das Dilemma

Ernsthafte Kritik an Illigs Phantomzeitthese setzt bei den konventionell verifizierbaren astronomischen Keilschriften an, bei der geringen Wahrscheinlichkeit einer internationalen geheimen Übereinkunft, sowie bei den eher schattenhaften Motiven der Protagonisten. Dem stehen die Aberdutzende von Beobachtungen entgegen, welche die Fiktionalität der Überlieferung des Frühmittelalters allesamt belegen [vergl. HEK: 60 Argumente]. Sofern jedoch in der Zeitstellung der vielen astronomischen Keilschriften Babyloniens kein Fehler gefunden werden kann, bleibt nur die logische Möglichkeit, dass diese eben nicht in den Gültigkeitsbereich der Phantomzeitthese fallen.

Wie sollte dies möglich sein, wo doch gezeigt wurde, dass sich der scheinbare Zeitsprung des Frühmittelalters auf praktisch alle bisher untersuchten Kulturkreise erstreckt? Der Schlüssel könnte darin liegen, dass fast alle Datierungen einen Bezug zur römischen Antike aufweisen.

Baumringe in Arizona, in Trier und ihr europäischer Mittelwert

Beginnen wir noch einmal mit der vertrackten Beziehung zwischen Radiokarbon und Dendrochronologie, die sowohl in Fachkreisen wie auch innerhalb der Chronologiekritik zu Streitigkeiten ohne Ende geführt hat. Nach wie vor besteht die unglaubliche Situation, dass das 14C Messverfahren erst nach Kalibrierung der Rohdatierung mit Hilfe einer konsolidierten, als fehlerfrei angenommenen Dendrochronologie als gültig angesehene Alterswerte liefert. Über die physikalische Zerfallsmessung wird auf diese Weise jedoch lediglich die Lage von Holz gleichen Alters innerhalb dieser Dendrochronologie bestimmt. Dass die Gültigkeit der 'IntCal'-Kalibrierung sich der Überprüfung entzieht, da die ihr zugrunde liegenden Baumringfolgen nie veröffentlicht wurden, mag durchaus als ein in der Geschichte der Naturwissenschaften einzigartiger Skandal bezeichnet werden.Abb.1

Nun setzt sich eine Jahrtausende überspannende Dendrochronologie aus den Hölzern etlicher Bäume zusammen, deren Ringfolgen sich zeitlich überlappen. Die Bewertung der Passungen unterliegt dabei stets statistischen Kriterien, die von der Länge des Überlappungsbereichs, der Güte der Korrelation (um diese zu bestimmen gibt es verschiedene mathematische und visuelle Verfahren) wie auch vom angenommenen Zeitfenster für das Alter der einzupassenden Proben abhängen. Blöss und Niemitz haben im 'C14-Crash' gezeigt, dass sich unter diesen Bedingungen überhaupt keine sichere Aussage aus den beiden Datierungsverfahren entnehmen lässt [Blöss+Niemitz]. Im strengen Sinne ist dies korrekt. Dennoch gilt auch, dass gerade aufgrund des statistischen und zudem von Erwartungen beeinflussten Zustandekommens der beiden miteinander verknüpften Datierungsverfahren, diese mit einiger Wahrscheinlichkeit nur dort von der korrekten Verknüpfung abweichen, wo auch die Erwartung bezüglich der Chronologie fehlerhaft ist.

Vollziehen wir in Gedanken die Entwicklung einer Dendrochronologie noch einmal nach: Bei sorgsamem Vorgehen, so wäre zu erhoffen, sollte diese praktisch nur gültige Passungen enthalten. Die 14C-Datierungen sollten daher (vergl. Abb. 1) einen im Wesentlichen linearen Anstieg des Radiokarbonalters über die Zeit zeigen (1). Für Irritation sorgt nun, absehbarerweise, die unerkannte phantomzeitliche Lücke von drei Jahrhunderten im frühen Mittelalter. Mit Selbstverständlichkeit ging man schließlich davon aus, dass die Zeit seit 'Christi Geburt' durch eine stete Folge von ca. 2000 Wuchsjahren wiedergegeben wird.

Diesen 2000 'Dendrojahren' entsprechen nach der Phantomzeitthese jedoch nur etwa 1700 reale Jahre. Der unerkannte Irrtum führt dazu, dass Jahreszahlen und Dendrochronolgie nun nicht mehr synchron zum physikalischen Ablauf der Zeit verlaufen. Legt man dennoch die Skala der 'Dendrojahre' als Zeitachse zu Grunde, so verschiebt sich die Beziehung zwischen Radiokarbonalter und Dendrochronologie um drei Jahrhunderte zur Gegenwart hin (2) und entspricht nun bereits recht genau dem Verlauf der aktuellen IntCal04- Kalibrierkurve (3) über die gesamte Antike hinweg.

Durch die Gleichsetzung von Dendrochronologie und Jahreszählung ergab sich natürlich ein Widerspruch zwischen zwischen der Bestimmung des Radiokarbonalters aus dem 14C/12C- Verhältnis und dem Verlauf des dendrochronologischen Alters der Proben. Da dieser gelöst werden musste, blieb (nach Überlegungen von H. E. Suess, der in dieser Frage jahrzehntelang in Konflikt mit W. F. Libby, dem Entdecker des 14C- Verfahrens stand) nur die Annahme, dass das atmosphärische 14C/12C-Verhältnis sich im Laufe der vergangenen anderthalb Jahrtausende wohl signifikant geändert haben müsse 1 . Aufgrund dieser Vermutung ergab sich eine Modellvorstellung, die auch wenn nun der Verlauf der IntCal-Kurve im letzten Jahrtausend recht bizarr erscheint immerhin über etliche frühere Jahrtausende einen genähert linearen Zusammenhang zwischen 14C-Alter und Dendrochronologie liefert.

Eine Überprüfung an uralten Sequoias oder Borstenkiefern bestätigt scheinbar die Kalibrierung: Wie kaum anders zu erwarten führt das Zurückzählen von 2000 Jahresringen zu Holz mit einem Radiokarbonalter von ca. 2000 Jahren. Ein direkter Vergleich verschiedener Holzarten über Kontinente hinweg ist allerdings praktisch unmöglich; eine direkte Verknüpfung solcher langlebigen Hölzer mit der Historie desgleichen.Abb.2

Aufgrund der Kalibrierung verbleibt jedoch der 'Schönheitsfehler', dass 'Radiokarbonjahre' im Mittel um etwa 18% kürzer zu sein scheinen als reale Jahre (d.h. um den Faktor 1650 J. / 1950 J.). Dies führt dazu, dass Dendrochronologie und die hier gut abgesicherte Jahreszählung im Hochmittelalter zunächst um bis zu 150 Jahre auseinanderlaufen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Fehlpassungen akzeptiert werden.

Schließlich führt der Ansatz der IntCal-Kalibrierung auch noch zu einem unlösbaren Widerspruch gegenüber den Dendrochronologien von E. Hollstein (4) und B. Becker, die sich beide nicht an 14C, sondern an (konservativ) wohldatierten Holzfunden der Römerzeit orientierten: Die Jahresringe von Hölzern, welche vor 2000 Jahren gewachsen sind, stimmen - was bei Annahme der frühmittelalterlichen Phantomzeit nicht verwundert - in keinem Fall mit jenen überein, die der Überlieferung nach 2000 Jahre alt sind. Der hieraus folgende interne Konflikt zwischen europäischen und außereuropäischen Dendrochronologen dauert an, da beide Seiten von der Stimmigkeit ihrer Vorgehensweise überzeugt sind.


Lässt sich, bei dieser Sachlage, die Phantomzeitthese anhand von 14C und Dendrochronologie überhaupt naturwissenschaftlich überprüfen? Versuchen wir's: Abbildung 2 zeigt den Querschnitt durch ein in Arizona aufgefundenes, gut erhaltenes Stück Holz. An diesem fällt auf, dass sich zwischen Jahresringen von durchschnittlicher Weite auch mehrere außerordentlich schmale Ringe finden. Diese deuten auf Jahre mit extrem schlechten Wuchsbedingungen hin, die zumindest zum Teil die Folge global wirksamer Ereignisse sein könnten, welche ihre Spuren dann auch in Mitteleuropa hinterlassen hätten. Auf der Abbildung findet sich die Jahreszahl '550'.Abb.3 Über eine Dendrochronologie aus New Mexiko angekoppelt, entspricht dieser Zahlenwert der 'IntCal' zugrunde liegenden Jahreszählung. Wenn nun die Radiokarbonjahre in der Antike doch in Mittel den Sonnenjahren entsprechen, so wäre die Zeitskala der Dendrochronologie dort offenbar um gut 15% überdehnt. Seit dem Jahr '1' wären demzufolge nur etwa 470 reale Jahre vergangen!

Der schmalste Baumring der Abbildung findet sich vierzehn Jahresringe vor der Zeitmarke '550'. Dieser wird als Beleg für ein weltweit klimatisch katastrophales Jahr 536 n. Chr. gesehen, nach einer Untersuchung von R. Keys die Folge einer gewaltigen Vulkaneruption im indonesischen Archipel [Keys]. M. Baillies Versuch, diese Eruption auch im Sulfat grönländischer Eisbohrkerne zu lokalisieren, blieb allerdings erfolglos [Baiilie]. Seiner Vermutung nach wäre die Eiskerndatierung im betreffenden Zeitraum vergleichsweise ungenau.

Ist sie das wirklich? Betrachten wir die Messdaten des GISP2-Eisbohkernes nach ihrem Gehalt an vulkanischem Sulfat, so finden wir in der Tat für das Jahr 472 (das entspricht einem Alterswert 1478 bp, 'before present' - bezogen auf das Jahr 1950 n. Chr.) den mit Abstand höchsten Wert an vulkanischem Sulfat innerhalb einer Zeitspanne von mehr als 200 Jahren (Abb. 3).Abb.4

In E. Hollsteins 'Westdeutscher Eichenchronologie' findet sich eine Auflistung der gemittelten Wuchswerte über alle Hölzer seiner Dendrochronologie (Abb. 4). Diese zeigen den tiefsten Einbruch innerhalb eines Jahrtausends im Jahre 173, was bei Zugrundelegung einer von Hollstein nicht berücksichtigten Phantomzeit von 299 Jahren gleichfalls zum Alter von 1478 bp führt!

Es scheint also lohnenswert, Hollsteins als überholt und fehlerhaft belächelte Dendrochronologie noch einmal etwas genauer anzuschauen. Wie wir oben gesehen haben, kann es ja gar keine Übereinstimmung mit der IntCal zugrunde liegenden Dendrochronologie geben. Da Hollstein gewiss sorgfältig gearbeitet hat, sollte sich in seinem Werk auch ein direkter Nachweis für die Phantomzeit finden lassen. Aus der großen Zahl der von ihm zusammengetragenen Hölzer sind jene aus Trier von besonderem Interesse. Dort entstanden ab dem ersten Jahrhundert Römerbauten in großer Zahl, deren Errichtung anhand von Überlieferungen oft jahrgenau eingeordnet werden kann. Gleiches gilt für die Trierer Sakralbauten des Mittelalters. Von Bedeutung ist ferner, dass die bevorzugt verbauten Eichenstämme nur kurze Zeit nach dem Fällen bearbeitet werden konnten, da die seinerzeit verfügbaren Werkzeuge bei getrockneten Hartholz nur wenig bewirkten. Der äußerste Jahresring des jeweiligen Splintholzes kann demnach erst kurz vor der Verarbeitung gewachsen sein.

Abb.5Abb. 5 stellt zunächst die (über mehrere Stämme gemittelten) Ringbreiten von Hölzern aus den Pfeilergründungen der beiden römischen Moselbrücken einander gegenüber (Oben: Hollsteins Zeitskala). Als einfach und ohne Rechenarbeit nachvollziehbares Vergleichskriterium bietet sich die sogenannte 'Gleichläufigkeit' an, d.h. der Prozentsatz der gleichsinnigen Anstiege oder Abfälle der Ringbreitenfolge 2 . Im Vergleich der beiden Moselbrücken beträgt dieser 63%. Ein solcher Wert deutet, wie Hollstein ausführlich darlegt, auf nur wenige Kilometer voneinander entfernte Wuchsorte der betroffenen Stämme. In der Abbildung ist außerdem die Breitenkurve von Eichenstämmen aus dem Amphitheater von Trier eingefügt. Wie die untere Zeitskala zeigt, wurde diese um 305 Jahre verschoben und zeigt nun einen GL-Wert von 73% zur ersten Römerbrücke – also eine wesentlich bessere Korrelation als zwischen den Brücken untereinander. Natürlich passt auch die überlieferte Bauzeit des Amphitheaters zeitnah zum Bau der Brücken. Im 6. Jahrhundert gewachsenes Holz hätte allenfalls zu Erweiterungen oder Reparaturen in der Zeit des Niedergangs der Stadt Trier dienen können.

Noch eine weitere Unstimmigkeit lässt sich in Hollsteins Dokumentation erkennen. Auch um das Jahr 800 ergeben die Ringbreiten eine bessere Übereinstimmung, wenn sie um 6 Jahre verschoben werden. Abb.6Hier handelt es sich um Hölzer des Trierer Doms, dessen Baugeschichte unter Abt Poppo gut und sicher dokumentiert scheint, sowie um Hölzer aus Fulda, Steinbach und Düren. Neben dem in allen Hölzern erkennbaren Minimum von 794 liefern hier wieder die Sulfatwerte des GISP2 Eiskerns weitere Hinweise für die korrekte Datierung (Abb. 6).

Bei der Überprüfung von Hollsteins Baumringfolgen finden wir also eine Verdoppelung von 305 Jahren, sowie eine Lücke von 6 Jahren – zusammen ebenfalls 299 Phantomjahre. Es sei noch daran erinnert, dass sich Hollsteins Suche nach Hölzern, die eine Überbrückung zum Frühmittelalter ermöglichten, über viele Jahre hinzog. Dass nach langer Suche zwei halbwegs akzeptable, d. h. der konservativen Chronologieprämisse entsprechende Zufallspassungen gefunden wurden, braucht nicht zu verwundern.


Aber was ist mit Morosov...

In seinem 1907 veröffentlichten Buch stellt Alexander Morosow zwei Beobachtungen vor, deren scheinbare Widersprüchlichkeit ihn bis ins hohe Alter beschäftigen sollte [Morosow]:

Zum Einen ordnet die 'Offenbarung des Johannes' eindeutig Sonne, Mond und die fünf Planeten den Sternbildern des Tierkreises zu. Die beschriebene Konstellation erscheint nur etwa alle 65.000 Jahre einmal und lässt sich auf den 30. September 395 (=1555 bp) rückrechnen. Der Überlieferung nach (Irenäus: Haer. V,30,3) entstand das Werk jedoch gegen Ende der Regierungszeit des Kaisers Domitian (womit selbige die Phantomzeitthese bekräftigt [Illig, WUG]). Gleich mehrfach verweist der Seher Johannes auf den Jüngsten Tag (dessen baldiges Bevorstehen von den frühen Christen, wie vielfach überliefert, als sicher angesehen wurde). Vom Datum der Planetenkonstellation ausgehend, wird dieser zum 13. März 399 erwartet. Fragt man sich nun, welche Spekulation für den Eintritt des Jüngsten Tages besonders plausibel wäre, so liegt die Überlegung nahe, dass dieser genau ein Jahrhundert nach der Menschwerdung Christi liegen könnte. Die Annahme einer Phantomzeit von 299 Jahren führt nun tatsächlich in das Jahr vor Christi Geburt der Überlieferung und zum vermuteten Zeitpunkt der Empfängnis [Korth]. Angesichts der Bedeutung der Parusielehre für das frühe Christentum, sollte der von Johannes genannte Termin zu seiner Zeit in den Gemeinden der Christen akzeptiert gewesen sein. Dies spricht dafür, dass die Lebensdaten Jesu schon früh überliefert wurden. Gilt also die Phantomzeitthese, so lässt sich hieraus ein zumindest indirekter Beleg für die Historizität Jesu ableiten!

Zum Anderen analysiert Morosow die geschichtliche Überlieferung über Johannes 'Chrysostomus' (=Goldmund). Dieser wurde kurz vor dem für das Jahr 399 vorhergesagten Weltende (s.o.) unter miltärischem Zwang nach Byzanz verbracht und dort zum Patriarchen ernannt. Wenige Jahre später wurde er nach blutigen Unruhen aus Byzanz vertrieben, bald darauf zurückgeholt und schließlich in immer weiter entfernte Orte verbannt. Morosow geht nun von der Identität des Johannes der Offenbarung mit Johannes Chrysostomus aus, da nur so der historische Ablauf verständlich würde. Angenommen er hat recht, so müsste die Phantomzeitthese, dort wo sie nicht direkt mit der Geschichte Roms verknüpft ist, weiter verfeinert werden.

Es erhebt sich damit die Frage, ob es sich bei der Chronologierevision in Ostrom, die vermutlich auf Konstantin Porphyrogennetos zurück geht, nicht doch 'bloß' um eine zielgerichtete Geschichtsfälschung gehandelt haben könnte (zu möglichen Motiven mehr in einem separaten Beitrag). Neben anderen 'Anpassungen' (die möglicherweise aus späterer Zeit stammen), wurde das Jahrhundert des Kaisers Herakleios I. und seiner Nachfolger verdoppelt und als Jahrhundert des Konstantin I. in die Geschichtsschreibung eingefügt, was die vielen parallelen Ereignisse belegen. Anscheinend gab es keine Veranlassung, auch die Überlieferung der Zeiten vor Konstantin I. zu verändern oder zu verschieben. So wären auch die nach der Seleukidenära (und der mit dieser verknüpften Zeitrechnungen) eingeordneten Ereignisse unverändert geblieben. Die im Folgenden aufgeführten Beobachtungen scheinen diese Sicht zu bestätigen.

Zurück zu Chrysostomus: Im Juni 404, so wird berichtet, als dieser durch Kaiserin Eudoxia abgesetzt worden war, brannten seine Anhänger die 'Megalè Ekklèsia', den von Konstantin I. errichteten Vorgängerbau der 'Hagia Sophia' nieder. Das müsste sehr gründlich geschehen sein, denn von diesem Bau wurden später keinerlei Spuren gefunden. Von dem ursprünglich an dieser Stelle befindlichen heidnischen Heiligtum ist immerhin ein mächtiger Opferstein erhalten und in einem Nebenraum des heutigen Gebäudes zu bestaunen. Wäre es, wenn wir einen wahren Kern der Überlieferung unterstellen, also nicht weit plausibler, dass die radikalen Christen seinerzeit den heidnischen Tempel verwüstet haben? Einige Jahre später wurde dann unter Theodosius II. ein neuer, nicht notwendigerweise christlicher Bau der 'Heiligen Weisheit' errichtet 3 , von dem sich auch Überreste gefunden haben (jener Bau wurde ein Jahrhundert später, beim 'Nica-Aufstand' gegen Justinian I. schwer beschädigt und in der Folge schließlich in seiner heutigen Gestalt wieder aufgebaut). In diesem Falle wäre der mächtige Kuppelbau praktisch gleichzeitig mit dem gewaltigsten aller Kuppelbauten, dem römischen Pantheon (118 - 125 konv.) errichtet worden.


Die Bildtafeln von Tatarli

Abb.7Aus einer 'perserzeitlichen' Holzgrabkammer bei Tatarli (in der Nähe des Ortes Kelainai in Westanatolien) konnten mehrere Bildtafeln geborgen werden. Ein Teil davon fand seinen Weg (aus beschlagnahmten Beständen von Grabräubern) ins staatliche Museum von Afyon. Erst 2005 gelang es dem Team der Dendrochronologen um Jan P. Kuniholm von der Cornell Universität nachzuweisen, dass vier Tafeln aus dem Besitz des archäologischen Instituts der Universität München nicht nur vom gleichen Fundort stammten, sondern dass sie einst sogar aus dem selben Baum geschnitten waren, wie die in Afyon präsentierten (woraus natürlich sogleich die Frage folgt, wie diese auf eher dunklen Wegen nach München gelangen konnten). Diese Stücke wurden (vermutlich von den Grabräubern) auf die handliche Länge von etwa einem Meter gekürzt.

Ursprünglich waren die Bretter auf einer Seite geglättet worden, die dann farbig bemalt wurde. Zwei der Tafeln zeigen eine Grabprozession, die beiden anderen eine Kampfszene (Abb. 7). Die dendrochronologische Analyse ergab, dass die Bilder nach 450 v. Chr. entstanden sein sollten. Die kunstgeschichtliche Einordnung deutet dagegen auf ein um mindestens ein halbes Jahrhundert davor liegendes Entstehungsdatum hin. Frau Dr. Lâtife Summerer (Uni München) ordnete sie der Achämenidenzeit zu.Abb.8

Nun ist die dendrochronologische Datierung von Funden aus vorchristlicher Zeit im gesamten Mittelmeerraum durch den als 'Roman Gap' bezeichneten Mangel an Holzfunden erschwert 4 . Zur Datierung musste deshalb hier auf die Technik des 'Wiggle-Matching' zurückgegriffen werden 5 . Abbildung 8 zeigt, dass im Falle der Hölzer von Tatarli zwei etwa gleich gute Übereinstimmungen erreicht werden können. Zunächst führte das Wiggle-Matching zu einem Fälldatum nahe -450. Eine weitere Passung und die Altersangabe um 2060 bp (bzw. die Zeitangabe um -110 | -410 – je nachdem, ob der Zählsprung berücksichtigt wird) wird gefunden, wenn die Skalierung der Kalibrierkurve berücksichtigt wird 6 .

Durch den GISP2 Eiskern wird auch diese Datierung bestens bestätigt (Abb. 9): Die Werte für den Gehalt des Grönlandeises an vulkanischem Sulfat zeigen eine enge (negative) Korrelation zur Breite der Baumringe. Dies deutet darauf hin, dass global wirksame Eruptionen in den Jahren -180 und -150 (2130 bzw. 2100 bp) zur Ausbildung der auf den Tafeln von Tatarli erkennbaren extrem schmalen Wuchsringe geführt haben. Für den Versatz des weiteren Extremums bei -116 um zwei Jahre gibt es eine einfache Erklärung: Zwischen -131 und -121 fehlen die Jahreswerte. Hier besteht im Eiskern eine Lücke ohne ausgeprägte Jahresstruktur. Auch an einigen weiteren Stellen konnte der Eisbohrkern nicht unversehrt geborgen werden. Hier blieb den Forschern nur die Abschätzung der jeweiligen Zeitspanne aus der Dicke der Eisschicht.

Damit erhebt sich natürlich die Frage nach der Zuverlässigkeit der Eiskerndatierung. Über mehr als zehn zurückliegende Jahrtausende wird die statistische Abweichung mit 2% angegeben [Mayewski]. Dieser Tolerenzwert ist außerordentlich konservativ und berücksichtigt neben den Bruchstellen mit zermahlenem Eis auch die Möglichkeit von nicht identifizierbaren Jahresschichten in Zeiten mit extremem Witterungsverlauf. Angesichts der jahrgenauen Übereinstimmung zwischen dem Sulfat des GISP2 Eiskerns und den nach maximaler Gleichläufigkeit korrigierten Werten der Hollstein'schen Dendrochronologie dürfte der Fehler um das Jahr -100 jedoch weniger als ein Jahrzehnt betragen.

Abb.9 Unsere Datierung der Bildtafeln von Tatarli erscheint also durch zwei voneinander unabhängige Zeitreihen gesichert: Sie entstanden demnach tatsächlich kurz vor 2050 bp, nach konservativer Jahreszählung also gegen Ende des zweiten 'vorchristlichen' Jahrhunderts. Der archäologische und der kunstgeschichtliche Befund weisen allerdings in in die Zeit der Achämeniden. Selbst die ursprüngliche dendrochronologische Datierung auf etwa 450 v. Chr. erscheint den Experten überraschend spät: »Here at Afyon/Dinar/Tatarli we seem to have a painting style that was popular in Athens a half or three quarters of a century earlier.« [Kuniholm]. Die gesamte Abweichung zwischen naturwissenschaftlicher und historischer, auf die Überlieferung Roms bezogener Datierung beträgt demnach mehr als viereinhalb Jahrhunderte. Auch nach Abzug der Phantomzeit verbleiben noch mehr als hundertfünfzig Jahre, um welche die Achämeniden zu alt datiert werden.


Die Eruption von Thera

Für einige Unruhe unter den Altertumskundlern sorgte im vergangenen Jahr die Neudatierung der gewaltigen Eruption von Thera / Santorin. Diese Vulkanexplosion (geschätzte Stärke 7 auf dem VEI) bedeutete das Ende für die Hochzivilisation von Kreta und verwüstete weite Teile des Nahen Ostens und der Mittelmeerküste. Das Holz eines verschütteten Olivenbaums war an vier Stellen nach dem Radiokarbonverfahren datiert und die Werte waren durch Wiggle Matching mit der Intcal04-Kalibrierkurve abgeglichen worden [Friedrich]. Auf diese Weise wurde der äußerste Wuchsring und damit das Jahr der Eruption auf die Zeitspanne 1627-1600 v. Chr. datiert ('mit 95-prozentiger Sicherheit') – rund drei Jahrhunderte früher als bisher angenommen (Abb. 10).Abb.10

Gibt es auch hier eine alternative Passung? In der Tat: Bei gleicher Skalenkorrektur um 18% wie im Falle der Tafeln von Tatarli stimmen die Messungen gut dreihundert Radiokarbonjahre später sogar besser mit der Kalibrierkurve überein! Wenige Jahre nach dem Entstehen der gemessenen Baumringe erfolgte um 3030 bp ein extrem steiler Abfall der Kalibrierkurve, der Folge des Temperatursturzes durch die Eruption sein könnte. Die Sulfatwerte des GISP2 Eiskerns bestätigen die Vermutung: Für das Jahr 3030 bp liefern sie mit 125 ppb den mit Abstand höchsten Wert des folgenden Jahrtausends! 7 Der Untergang von Knossos läge demzufolge weniger als 3100 Jahre zurück.


Die Reskalierung der IntCal04-Kalibrierkurve liefert aber noch weitere Übereinstimmungen mit der Eiskerndatierung: So finden nun zwei dramatische Einbrüche der Kurve im Altertum ihre Erklärung als Folge vulkanischer Ereignisse:

1. Für das Jahr 2361 bp findet sich ein Sulfatwert von 68 ppb, für 2354 bp dann 52 ppb und für 2312 schließlich 61 ppb (GISP2). Dem entspricht ein steiler Abfall des Radiokarbonalters ab 2360 bp (IntCal) über mehr als ein halbes Jahrhundert. Die maximale Abweichung entspricht dabei einem vorübergehenden Anstieg des 14C in der Atmosphäre von etwa 1,5%. Bis zur Normalisierung des 14C-Wertes verging noch ein weiteres Jahrhundert.

2. Etwa gleiche Auswirkungen auf die 14C-Konzentration der Atmosphäre hatte eine Eruption, die 2686 bp einen Sulfat-Niederschlag von 71 ppb (GISP2) lieferte und zu einem steilen Einbruch des Radiokarbonalters der Holzproben ab 2682 bp (IntCal) führte.

Diese Eruptionen nebst den darauf folgende 14C-Anstiegen sind Hinweise auf Perioden dramatischer globaler Klimaverschlechterungen, in deren Folge eine allgemeine Verschlechterung der Lebensverhältnisse und damit der Niedergang ganzer Zivilisationen zu erwarten wären, sowie auch Migrationsbewegungen in südliche, wärmere Regionen.


Versuch einer Zusammenfassung

Gibt es ein Erklärungsmodell, das alle aufgeführten Beobachtungen unter einen Hut bringt? Illigs Phantomzeitthese erklärt vieles – aber eben nicht alles. Einer der Hauptkritikpunkte gegen sie lautet bekanntlich: Wie hätten sich West- und Ostreich denn über eine gemeinsame geheime Geschichtsrevision verständigen können? Die Frage erübrigt sich, wenn man annimmt, dass in Byzanz zunächst einmal eine Geschichtsverfälschung durch die Verdoppelung des Konstantin/Herakleios und seiner Nachfolger stattgefunden hatte. Deren Einzelheiten müssen im Westen nicht einmal bekannt geworden sein. Für Otto III. und seinen wissenschaftlichen Berater Gerbert von Aurillac war es einige Jahrzehnte später jedoch zwingend, im Rahmen der 'Restitutio Imperii Romanum' eine widerspruchsfreie und mit den das Römerreich betreffenden Schriften des Ostens kompatible eigene Geschichtsschreibung zu erreichen. Selbstberichtigung durch die Herrscher in Byzanz war undenkbar. Eine durchaus geniale Lösung dieses Problems vermochte in dieser Situation die Einschaltung von drei Jahrhunderten zu liefern, zugleich mit der Einführung einer Jahreszählung nach Inkarnationsjahren...

Da die römische Antike den Schwerpunkt der historischen Überlieferung der abendländischen Zivilisation bildet, folgen die meisten Zeitangaben ungewollt ihrer Fehldatierung. Dies gilt, wie gezeigt wurde, auch für die naturwissenschaftlichen Verfahren. Darüber hinaus ist, durch das überlieferte innige Zusammensein der Kleopatra mit Julius Cäsar, auch die Pharaonenliste Ägyptens - und damit indirekt die Historie des nahen Ostens - mit der Geschichtsschreibung Roms fest verknüpft.

Im Osten wäre hingegen zumindest das (konv.) fünfte Jahrhundert mit der Theodosianischen Dynastie korrekt datiert. Wie die astronomischen Keilschriften zeigen, ist aber auch die Epoche der 'Seleukidenära' stimmig. Wie erklären sich aber dann die Befunde der Bildtafeln von Tatarli? Recht einfach: Durch die Veraltung des Römerreiches wurden auch die davor liegenden Überlieferungen in Nahost um drei Jahrhunderte verschoben. Damit erscheinen nun aber dieselben realen Ereignisse gleich zweimal: Zum Einen als Überlieferung Roms, zum Anderen als Überlieferung des Ostens. Um beide auf der Zeitachse zu platzieren, musste die Chronologie entsprechend gestreckt werden. Alexander und die Seleukiden erscheinen daher als römisch-hellenistisch eingefärbte Wiederholung der Perserherrschaft unter Kyros I. und II. Die Keilschriften von 136 v. Chr. wären demnach zu Neu-Babylonischer Zeit verfasst und nicht erst lange Zeit nach Übernahme der griechischen Kultur und Schrift. Und die Tafeln von Tatarli entstanden tatsächlich vor gut 2100 Jahren - zur Zeit der Achämeniden!

Den Archäologen verbleiben folglich, als überraschende Konsequenz der Phantomzeit des Frühmittelalters, auch für das erste vorchristliche Jahrtausend nur Schichtungen, in denen Teile der überlieferten Zeiten fundarm oder ganz ohne Spuren sind [Heinsohn]. Und auch die Synchronisierungsprobleme zwischen den Überlieferungen Ägyptens und Persiens [Weißgerber] brauchen nicht mehr zu verwundern.

Mit Hilfe der rekonstruierten Jahreszählung gelingt schließlich erstmals der Altersnachweis der Eruption von Thera! Auch die Datierung der Bildtafeln von Tatarli wird durch drei Zeitreihen übereinstimmend abgesichert. Die bereits vorhandene, aber nicht eindeutige Eiskerndatierung wird durch ebenfalls schon vorhandene, nunmehr gleiche Werte aus dem Wiggle Matching bestätigt. Erst nachdem der 300-Jahre-Sprung der Jahreszählung berücksichtigt wurde, stimmen die gemessenen Zeitreihen überein.



Quellenangaben

M. G. L. Baillie: A slice through time. Dendrochronology and precision dating. London, 1995

Ch. Blöss / H.-U. Niemitz: C14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können. 1997, Gräfelfing

Fred Espenak: NASA Katalog der Sonnenfinsternisse: http://sunearth.gsfc.nasa.gov/eclipse/eclipse.html

Walter L. Friedrich et al.: Santorini Eruption Radiocarbon Dated to 1627-1600 B.C., Science Vol. 312. no. 5773, p. 548, 2006;
Supporting Material: www.sciencemag.org/cgi/data/312/5773/548/DC1/1

Gunnar Heinsohn: Gleichsetzungen aus der stratigraphischen Wiederherstellung der Alten Geschichte, Zeitensprünge [ZS] 2/07, 272-275

Ernst Hollstein: Mitteleuropäische Eichenchronologie, 1980

Heribert Illig: Wer hat an der Uhr gedreht, München, 2000, S.181ff

– Rom bis Athen - was bleibt bestehen? Zeitkürzungen vor der Zeitenwende. Eine Skizze, ZS 3/95, 269-287

– Jesu Geburt im Jahr 292 n. Chr.? [mit Georg Dehn, Martin Klamt] ZS 2/03, 343-348

David Keys: Als die Sonne erlosch, München, 1999

Hans-E. Korth: Anomalie der 14C-Kalibrierkurve beweist Kalendersprung, ZS 1/02, 49-67

– Zur Chronologie des Abendlandes. Was belegen nachmessbare Zeitangaben? ZS 1/06, 164-184

– Morosow: Die Offenbarung Johannis. Anmerkungen zum 100-jährigen Erscheinen, ZS 1/07, 134-150

– 60 Argumente 'Pro Fantomzeitthese' – kurzgefasst, 2007; www.fantomzeit.de/?page_id=39

Peter Ian Kuniholm: Report 2005, http://dendro.cornell.edu/reports/report2005.pdf

– et al: Overview and Assessment of the Evidence for the Date of the Eruption of Thera www.arts.cornell.edu/dendro/thera.html

Paul Mayewski et al.: The GISP2 [Greenland Ice Sheet Project 2] Ice Coring Effort, 1995; http://nsidc.org/data/gisp_grip/document/gispinfo.html

– 'GISP2' Ice Core - volcanic sulphate data, 1997: ftp://ftp.ncdc.noaa.gov/pub/data/paleo/icecore/greenland/summit/gisp2/chem/volcano.txt

Nikolaus Morosow: Die Offenbarung Johannis – eine astronomisch-historische Untersuchung, Stuttgart 1912 (russ. 1907) [M.]

F. R. Stephenson, Historical Eclipses and Earth's Rotation, Cambridge, 1997

H. E. Suess: Radioactive Dating and Methods of Low-level Counting, 143 (I.A.E.A., Vienna, 1967).

C.P. Sonett and S.A. Finney: in 'Radiocarbon after four decades: an interdisciplinary perspective', Editors: R. E. Taylor et al,; New York; Heidelberg, 1992

Lâtife Summerer: http://www.fak12.uni-muenchen.de/ka/varia/Summerer-ProjektHolzmalerei.html

Immanuel Velikovsky, 1973: My Challenge to Conventional Views in Science  http://www.varchive.org/lec/aaas/challenge.htm

– Transcripts of the Morning and Evening Sessions of the A.A.A.S. Symposium on “Velikovsky’s Challenge to Science” held on February 25, 1974 
http://www.varchive.org/lec/aaas/transcripts.htm

John Walker: Planetariumprogramm; http://www.fourmilab.ch/cgi-bin/uncgi/Yoursky

Klaus Weissgerber: Zwischen Echnaton und Kambyses (III) (Aegyptiaca VII/3), ZS 2/07, 279-299


Abbildungen

Abb. 1: Die Kalibrierkurve zwischen 14C-Alter und Dendro-chronologie (IntCal04). Durch den Zählsprung der historischen Jahreszählung liefert die Dendrochronologie kein stimmiges Zeitmaß. '2000 Jahre altes Holz' (1) erscheint verjüngt (2), jedoch 2000 Jahresringe vor der Gegenwart.

Abb. 2: Holzfund aus der 'Broken-flute'-Höhle in Arizona mit signifikanten Wuchseinbrüchen (Foto m. fr. Genem. LTRR Tucson).

Abb. 3: Vulkanisches Sulfat mit 200-Jahre Maximum bei 472 n. Chr (1478 bp) aus dem GISP2 Eiskern.

Abb. 4: Gemittelter Eichenwuchs in Westdeutschland nach Hollstein mit Jahrtausendminimum im Jahr 173 n. Chr. (konv.).

Abb. 5: Ringbreitenfolgen der Moselbrücken von Trier zeigen vorzügliche Gleichläufigkeit zu um 305 Jahren 'jüngerem' Holz des römischen Amphitheaters von Trier (nach Hollstein).

Abb. 6: Teile der von Hollstein um das Jahr 800 n. Chr. dargestellten Ringbreitenfolgen erscheinen gegenüber denen des Doms von Trier um 6 Jahre zu alt datiert. Sulfatwerte des GISP2 Eiskerns bestätigen den Befund.

Abb. 7: Ausschnitt aus einer der Bildtafeln von Tatarli. Durch überhöhte Kontrastierung werden das Abbild der Herrschergestalt (links) und die Jahresringe des Holzes gleichermaßen sichtbar.

Abb. 8: 'Wiggle Matching' an Tatarli-Hölzern (nach Becker und Stuiver) liefert als Fälljahr -450 (±22 Jahre). Die alternative Passung der Kalibrierkurve ergibt ein um ca. 320 Jahre späteres Fälldatum. Zum Anpassung an den (aufgrund des vermuteten Zählsprungs von drei Jh.) zu flachen und zu hohen Verlauf der IntCal04-Kurve wurden die Achsen dort um 18% gestreckt bzw. komprimiert.

Abb. 9: Ringbreitenfolge der Hölzer von Tatarli [Kuniholm]. Eine überraschende Korrelation zur Dendrochronologie zeigt die Sulfatkurve des GISP2 Eiskerns – die Bildwerke der Achämenidenzeit wären demnach um 2060 bp (-110) entstanden.

Abb. 10: 'Wiggle Matching' an einem bei der Eruption von Thera verschütteten Olivenbaum lieferte für den Vulkanausbruch das Datum 1627-1600 B.C. (nach Friedrich und Kromer) . Auch hier gibt es eine alternative Passung. Der steile Abfall um 3030 bp stimmt mit dem Jahrtausendextrem des vulkanischen Sulfats aus dem GISP2 Eiskern überein, dessen Alter damit als korrektes bestätigt wird.

Abb. 11: Während die Rückrechnung die vorchristlichen Eklipsen bestätigt, findet sich bei den späteren stets ca. 300 Jahre später ein stimmiger Wert.



Anmerkungen

1 Kurzfristige Schwankungen des 14C/12C Isotopenverhältnisses erklären sich durchaus – z. B. als Folge mächtiger Eruptionen, deren Staub sich über Jahre in der Atmosphäre halten kann. Dies führt zu geringerer Einstrahlung, damit zu verringerter Verdunstung und schließlich zur Verminderung der Niederschlägen, welche das fortwährend erzeugte 14C aus der Atmosphäre auswaschen. Innerhalb kurzer Zeit steigt dort das 14C/12C-Verhältnis an, um sich dann innerhalb einiger Jahrzehnte wieder zu normalisieren. Dementsprechend zeigt die Kalibrierkurve häufig einen kurzfristigen Abfall des Radiokarbonalters, dem ein langsamer Wiederanstieg folgt. Ein typisches Muster dieser Art beginnt 203 bp, dem Jahr des mit 288 ppb höchsten in Grönland in historischer Zeit gemessenen Sulfatniederschlags (vergl. Abb. 8).

2 Zur Orientierung: Gleichläufigkeit über 85% finden sich praktisch nur innerhalb ein und desselben Baumstammes. Werte um 50% sind dagegen Zufallsprodukte, die keine Hinweise geben.

3 Unter Theodosius II. entstanden auch die mächtige Landmauer und weitere nachgewiesene Gebäude, sodass die Vermutung nahe liegt, dass erst unter diesem Kaiser Byzanz zur Kapitale ausgebaut wurde.

4 Zur Überraschung der Fachleute ergab auch das Holz geborgener Schiffswracks aus der Römerzeit keine bis in die Spätantike durchgängige Baumringfolge.

5 Beim Wiggle-Matching werden mehrere 14C-Messungen an einer Holzprobe mit dem Verlauf der Kalibrierkurve abgeglichen. Auf diese Weise sollen mögliche Messfehler und Mehrdeutigkeiten verhindert werden. Indirekt wird so mit Hilfe von Radiokarbonmessungen der Anschluss an die der 14C-Kalibrierung zu Grunde liegende Dendrochronologie erreicht.

6 Natürlich müssen Radiokarbonalter und Dendrochronologie zum Abgleich mit gemessenen Proben auf Realjahre bezogen sein. Wie aus Abb. 1 zu entnehmen, muss dazu die Dendrochronologie um etwa 18% gestreckt werden - desgleichen die scheinbar verkürzten Radiokarbonjahre, nachem zuvor der fiktive Sprung der Kurve von 300 Jahren abgezogen wurde. Die derart transformierte Kalibrierkurve folgt nun ungefähr der Winkelhalbierenden und liefert Übereinstimmung mit Holzproben der Antike. Zur korrigierenden Umrechnung der Dendrochronologie D in Jahre BP dient über die Antike die Formel:
BP = (1950 – D)* 1650/1950 + 300.

7 Im Jahre 3403 bp (-1347) findet sich ein mit 156 ppb noch höherer Sulfatwert. Dieser Zeitpunkt liegt allerdings in jedem Fall vor dem Wuchs des untersuchten Holzes.

8 Schon 1974, kurz nach Entdeckung der Übereinstimmung zwischen Keilschriften und Rückrechnung, wurde die sicher datierte Sonnenfinsternis des Jahres 136 v. Chr. in einem Streitgespräch von P. Huber den Thesen I. Velikovskys entgegen gestellt. Jener ging allerdings nicht weiter darauf ein, da sich seine Überlegungen einer planetaren Katastrophe auf ein deutlich früheres Datum bezogen.

9 Auf der von Fred Espenak für die NASA betreuten Liste finden sich inzwischen auch grafische Darstellungen zum Verlauf der Sonnenfinsternisse, die eine rasche Überprüfung historischer Berichte buchstäblich zum Kinderspiel machen [Espenak].