Wie ist unsere Jahreszählung
definiert?
Dionysius
Exiguus (†
um 540 n.Chr.):
Der Gelehrte und Freund des
Cassiodor war von Geburt
Skythe und lebte seit etwa 500 n. Chr. als Mönch in Rom. Er
soll die bis heute
gültige Zählweise der Jahre wie folgt definiert haben: | |
Will
man die Jahre seit der Fleischwerdung des Herren berechnen, so nehme
man die Zahl der verstrichenen Zyklen der Indiktionen. Das Ergebnis
multipliziere man mit 15, das ergibt 510; zähle 12 hinzu, das macht
522; füge noch die Indiktion des Jahres an; zB. die dritte beim
Konsulat des Probus ergibt ebenfalls 525. Dies sind die Jahre
seit der Fleischwerdung des Herren.
Si nosse vis quotus sit annus
ab
incarnatione domini nostri Iesu Christi, computa quindecies XXXIIII
fiunt DX: is semper adde XII
regulares, fiunt DXXII:
adde et indictionem anni, cuius volueris, [a]ut puta
tertiam, consulatu Probi iunioris, fiunt simul anni DXXV. Isti sunt
anni ab incarnatione domini.
Außerdem
hatte Dionysius
Exiguus eine
Ostertafel berechnet, die 532 begann. Da wären 28x19 Jahre des
Metonzykus seit dem Tod des Herodes vergangen gewesen.
Die Zählung der
Steuerzyklen, sowie der Lauf des Mondes waren unveränderbar und
gesichert. Von Dionys
bis zur Gegenwart sind die vielfach belegt.
Seit
Jahrhunderten verstören jedoch die vielen Widersprüchlichkeiten seines
Satzes. Was hat der Mann sich bloß dabei gedacht?
Als
Beginn der Indiktionszyklen gilt das Jahr 312 uZ. Der Leser müsste
demnach wissen, dass die hier symbolisch auf Jesus bezogen
sind
und deren Beginn kennen.
Das Jahr 525 und damit
auch das Jahr der Geburt Jesu hätten die Indiktion '3'.
Der Bibel zufolge fand
die Geburt jedoch 'zur Zeit der allerersten Schätzung' statt.
Der Herodes der Bibel
kann nicht im Jahr '0', dh vor Jesu Geburt gestorben sein.
(Flavius Josephus zufolge
starb Herodes 750 auc, kurz nach einer Mondfinsternis)
Waren das Indiktionsjahr
stets zu addieren oder nur das Konsulatsjahr des Probus?
Warum sollte dieses Jahr
für den Leser 'ebenfalls' die Zahl 525 ergeben?
Bezieht sich 'tertiam'
überhaupt auf die zu addierende Indiktion?
Jesus soll mit 33 Jahren
gekreuzigt worden sein, etwa im Jahr 30, dh. bei Ind. 3
Warum wurde schon 525
eine Ostertafel ab 532 erstellt, beginnend mit Jahr '0'?
Warum
notiert Dionys' Ostertafel auch einen weiteren,
überhaupt
nicht benötigten, um 3 Jahre abweichenden 19-jährigen 'lunae circulus'?
Dionys gilt
daher als fanatischer Betrüger Die Jahreszählung stamme nicht von ihm
-
Er habe korrekt 287 Jahre seit Hieronymus gerechnet, daraus
dann 284 gemacht.
NB: Um 560 AD entstand schließlich eine
gleichartige Definition des Cassiodor
- allerdings
mit ausgeschriebenen Zahlen und daher nicht weiter
manipulierbar.
Sollte jener Dionys Exiguus
zwar in der Lage gewesen sein, eine Ostertafel zu berechnen, nicht
jedoch eine halbwegs widerspruchsfreie Definition der Jahreszählung zu
formulieren? Oder tut ihm die Forschung Unrecht? Waren seine Angaben
korrekt? Oder wurden sie etwa nachträglich verfälscht?
Tatsächlich
lassen sich alle Widersprüche mit winzigen Manipulationen erklären: Ein
bekanntes Problem der römischen Zahlen ist, dass sie so leicht zu
verfälschen sind: Jemandem 'ein X für ein U' vormachen (eigentlich 'V',
also 10 statt 5), ist bis heute sprichwörtlich. Noch einfacher
ist
es, aus dem U eine II zu machen.
Natürlich ließe sich auch das
'aut' ('oder') leicht zu einem 'ut' ('z.B.') verkürzen.
Stimmt
diese Vermutung, dann wurde Jesus in einem Jahr mit der Indiktion '0'
geboren. Herodes starb bekanntlich nicht im Jahr zuvor,
sondern
ca. drei Jahre danach. Die Relation zwischen Indiktion und Metonzyklus
verschiebt sich damit um 4 Jahre, dh. um20 x 15 bzw. 16 x 19
Jahre. Herodes starb dann im Jahr 300 uZ. Die Geburt Jesu fällt somit
in das Jahr 297 uZ., sein Tod in das Jahr 330 uZ.
Verschiebt
sich die Mondtafel um 304 Jahre, so entspricht dies 15862 Wochen plus
zwei Tage. Dies lässt sich anhand der Angaben Dionys'
überprüfen: Der berechnet den Wochentag des Ostersonntags anhand der 'Konkurrente'. Nach
der gängigen Jahreszählung bezieht sich jene auf den Wochentag des 24.
März:
Will
man die Konkurrente eines Jahres wissen, so nehme man Zahl der Jahre
nach der Geburt Christi, addiere 1/4 dieser Zahl hinzu, addiere
nochmals 4 hinzu, teile das Ergebnis durch 7; der verbleibende Rest ist
die Konkurrente. Gibt es keinen Rest, so ist die Konkurrente 7.
Der
gewiesene Bezug für den Konkurrenten zur Berechnung des Ostertages wäre
doch gewiss das Datum der Auferstehung Christi? In den
Jahrzehnten
um das Jahr 30 uZ. fiel der Ostersonntag allerdings nie auf den 24.
März. Im Jahre 330 uZ. lag der anhand des jüdischen Jahresbeginns
errechnete Tag des Passah-Festes jedoch auf dem 21. März. Das Datum der
Auferstehung wäre somit der 22. Tatsächlich fiel der Ostersonntag in
jenem Jahr auf den Tag nach dem Vollmond!
Unabhängige
Überlieferungen bestätigen das Abweichen der Wochentage bei
Geichsetzung der AD-Zählung des Dionys mit
unserer Jahreszählung:
Theophil
von Cäsarea behauptet, Jesus sei am 22. März (30 uZ)
verhaftet worden.
Abbo v. Fleury
erwähnt den Tod des Hl. Benedikt am Karsamstag, dem 21. März 547 AD.
Dieses Datum fiel jedoch auf Gründonnerstag. Im Jahr 851 uZ. fiel der
Karsamstag dann auf den 21. März (davor nur 509 und 604).
Antiochia
wurde am 29. Mai 528 durch ein Erdbeben zerstört, der Stadtchronik zu
Folge an einem Freitag. Der 29.5.528 uZ. war jedoch ein
Montag. 20
x 15 Jahre 'später' fiel der 29.5.828 uZ. dann, so wie berichtet, auf
einen Freitag.
Fazit: Unsere Jahreszählung ist
keinesfalls gesichert - Die Zweifel überwiegen!
...Aber
wer sollte
Dionys' Zählung verfälscht haben? Mehr dazu...-------------
Quellen:
Alden
A, Mosshammer, 2008, The Easter Computus and the Origins of the
Christian Era
http://ixoyc.net/data/fathers/524.pdf
Nikolaus
A. Bär: Chronologie und Kalender, 2011
http://www.nabkal.de/osterstreit/anhang/dionysius_3.html
HEK
01/2015